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Der 06.Dezember ist der Festtag des heiligen Nikolaus, des Patrons und Freundes der Kinder. In seiner Gestalt mischen sich Legenden verschiedener Heiliger gleichen Namens: Nikolaus von Myra, der Anfang des 4.Jhrs. Bischof in Lykien war und der Abt Nikolaus von Sion, der im 6.Jhr. lebte.
Dass der Nikolaus den Kindern Geschenke bringt, wird abgeleitet aus einer Legende, wonach er drei armen Mädchen Goldklumpen in die Stube warf. Sie wären sonst von ihrem Vater ausgesetzt worden, da dieser sie nicht mehr ernähren konnte. Die Vorstellung vom Nikolaus als Beschützer der Kinder beruht auch noch auf einer zweiten Legende: Er soll drei fahrende Schüler, die ein Wirt erschlagen, zerstückelt und als Mahl angeboten hatte, wieder zusammen gesetzt und zum Leben erweckt haben.
Viele Bräuche umgeben das Kommen des Nikolaus. Schuhe werden vor die Tür gestellt oder in England z.B. Strümpfe in den Kamin gehängt, damit der Nikolaus unerkannt Geschenke hineinwerfen kann. Vor dem Nikolaus beschenkt der heilige Martin die Kinder, doch wurde er in die zweite Reihe verwiesen, seit um die Jahrtausendwende die Reliquien des Nikolaus nach Bari kamen und sich fortan großer Verehrung erfreuten. Vielerorts mischten sich auch am Nikolausfest christliche und heidnische Bräuche. So stapft oft ein wilder Kerl hinter dem Nikolaus her, ein Knecht Ruprecht, ein Klapperbock oder ein Crampus. Dieser straft die Kinder, die nicht artig waren, mit der Rute (Die Rute - Knecht Ruprechts wurde ursprünglich nicht als Strafmittel, sondern als Segen verstanden. Die Rute war das lebendige Reis und seine Berührung verhieß Fruchtbarkeit. Zur drohenden Rute wurde der Zweig erst, als seine ursprüngliche Bedeutung in Vergessenheit geriet und das Bestrafen der Kinder Bestandteil einer neuen Erziegungspädagogik wurde).
Allerdings weisen verschiedene Quellen darauf hin, dass sich nicht alle Kinder einschüchtern ließen; teilweise wurde der Nikolaus in alten Reimen sogar recht respektlos behandelt:
Herein, herein, Herr Nikolaus!
Hier sein recht brave Kinder z`Haus.
Hast was, so setz dich nieder,
Hast nix, so geh gleich wieder.
hieß es in Niederösterreich. In Tirol waren die Kinder offensichtlich noch frecher, denn sie spotteten:
Lieber heiliger Nikolaus,
was willst du denn von mir?
Ich nehm dich bei der Zipfelkapp
und werf dich vor die Tür.
Bis zum 16.Jhr. war der Nikolaus der Gabenbringer für die Kinder.
In der Reformationszeit verlor er in den protestantischen Gegenden an Einfluss. Das eigentliche Christ- und Gabenfest wurde auf den 24.Dezember verlegt, nicht mehr der Nikolaus brachte die Geschenke, sondern das Christkind. Aber so leicht war der Gabenbringer nicht zu verdrängen:
Wo man ihm als Nikolaus am 06.Dezember die Tür verwies, kam er in neuer Gestalt als Weihnachtsmann, am 24.Dezember durch die Hintertür wieder herein. Der bekannteste Name des ungehobelten Begleiters des Nikolaus ist "Knecht Ruprecht". "Hans Muff" heißt er in den linksrheinischen Gegenden von der Höhe Duisburgs bis ins Saargebiet; dieser trägt zottige Kleider und hat ein schwarzes Gesicht. In Bayern geht er als "Klaubauf" um, in Österreich als "Crampus" mit Schellen und Ketten behangen und an der Mosel als "Pelzbock" mit Pelzmütze, langem Mantel, Bart und Rute ausgestattet. In Thüringen und in Berchtesgadener Land begleiten gleich drei mit Stroh und Laub bekleidete Gesellen den Nikolaus: die Stroh- bzw. Buttenmänner. In den Niederlanden kommt der "Zwarte Piet", eine Mohrengestalt. Der Auftritt des Paares ist alt und schon durch Lieder aus dem 16.Jhr. belegt. Die beiden so unterschiedlichen Gestalten - der gute Bischof und sein Angst einflößender, strafender Begleiter - könnten parallel zu den Gegenspielern Christus - Teufel gesehen werden.
Eine andere Interpretation ist die, dass in den beiden mittwinterlichen Gestalten einerseits die bösen und rauen, anderseits die guten und freigiebigen Mächte personifiziert werden. Eines der schönsten und bekanntesten Weihnachtsgedichte ist immerhin Knecht Ruprecht gewidmet und darin kommt er gar nicht so schlecht weg. Bekannter als der Titel "Knecht Ruprecht" von Theodor Storms (* 1817, 1888) Gedicht ist jedoch die erste Strophe:
Von draus` vom Walde komm ich her;
Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr !
Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein sitzen
und droben aus dem Himmelstor sah mit großen Augen das Christkind hervor.
Und wie ich so strolcht` durch den finstern Tann, da rief`s mich mit heller Stimme an:
"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell, hebe die Beine und spute dich schnell !
Die Kerzen fangen zu brennen an, das Himmelstor ist aufgetan,
Alt` und Jung sollen nun von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
Und morgen flieg` ich hinab zur Erden, denn es soll wieder Weihnachten werden!"
Ich sprach: "O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;
Ich soll nur noch in diese Stadt, wo`s eitel gute Kinder hat."
-"Hast denn das Säcklein auch bei dir?" -
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier; denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
essen fromme Kinder gern."
-"Hast denn die Rute auch bei dir?" -
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
doch für die Kinder nur, die schlechten, die trifft sie auf den Teil, den rechten."
Christkindlein sprach: "So ist es recht;
so geh mit Gott, mein treuer Knecht!"
Von drauß` vom Walde komm ich her,
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr !
Nun sprecht, wie ich`s hierinnen find`!
Sind`s
gute Kind`, sind`s böse Kind`?
Die mehr oder weniger fleißig bearbeiteten Klausenhölzer halfen dem Nikolaus heraus zu bekommen, welches Kind brav und welches weniger brav war. Denn Klausenhölzer waren Holzstöckchen, in die die Kinder ungefähr vier Wochen lang, bevor der Nikolaus kam, für jedes gelernte Gebet, für jede besuchte Messe und jede gute Tat eine Kerbe einritzten. Der Nikolaus brauchte dann bei seinem Besuch nur die Kerben zu zählen und wusste Bescheid. Dieser Brauch wanderte von den mittelalterlichen Klosterschulen in die Familien, wo er vor allem ab der Barockzeit in katholisch geprägten Gegenden üblich war und gern auch als mehr oder weniger sanftes pädagogisches Druckmittel verwendet wurde.
Der gebackene Klausenmann ist der süddeutsche Verwandte des norddeutschen Stutenkerls. Wenn die Kinder in Süddeutschland am Morgen des 06.Dezember in ihre Schuhe, Stiefel oder Strümpfe schauen, die sie am Abend zuvor vor die Tür gestellt haben, dann darf der Klausenmann nicht fehlen: eine aus Brotteig gebackene Nachbildung des Nikolaus.